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EuGH stellt klar: Ohne ordnungsgemäße Rechnung kein Dreiecksgeschäft

Der Enderwerber wird im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nicht wirksam als Schuldner der Umsatzsteuer bestimmt, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthält.

Zwischenhändler von Dreiecksgeschäft begünstigt

Bei einem Reihengeschäft mit warenbewegter erster Lieferung wird der Zwischenerwerber dem Grunde nach im Bestimmungsland registrierungspflichtig – er muss dort zum einen einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern als auch die Umsatzsteuer für eine innerstaatliche Lieferung im Bestimmungsland abführen. Tritt der mittlere Unternehmer mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) auf, die ihm weder vom Abgangs- noch vom Bestimmungsland erteilt wurde, droht zusätzlich im Staat dieser UID die Belastung mit einer sog. „Straferwerbsteuer“, entsprechend § 3d Satz 2 UStG, d. h., im Staat der verwendeten UID wird ein innergemeinschaftlicher Erwerb fingiert.

Achtung: Diese Straferwerbsteuer führt im Falle der Realisierung zu einer echten Zusatzbelastung, da insoweit ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.


Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft gem. § 25b UStG soll den mittleren Unternehmer vor diesem bürokratischen Aufwand sowie einer möglichen Zusatzbelastung bewahren. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form des Reihengeschäfts, an dem drei Unternehmer beteiligt sind, die unter der UID jeweils eines anderen Mitgliedstaats handeln, und die Warenbewegung vom ersten Unternehmer unmittelbar an den letzten Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt. Indem die Steuerschuld für die im Bestimmungsland steuerpflichtige Lieferung des Zwischenhändlers von diesem auf den Enderwerber übergeht und gleichzeitig auch der innergemeinschaftliche Erwerb dort als besteuert gilt, muss sich der Zwischenerwerber nicht im Bestimmungsland registrieren lassen. Und last but not least: Auch die Straferwerbsteuer fällt nicht an.

Damit der mittlere Unternehmer in den Genuss dieser Begünstigung kommt, muss er zum einen eine ordnungsgemäße Zusammenfassende Meldung über diese Transaktion abgeben und zum anderen in seiner Rechnung an den Enderwerber sowohl auf die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung als auch auf den Übergang der Steuerschuld hinweisen.


Ordnungsgemäße Rechnung – materielle Voraussetzung

In dem EuGH-Urteil vom 08.12.2022 – C-247/21 Rs. Luxury Trust Automobil zugrunde liegenden Sachverhalt beinhalteten die Rechnungen eines österreichischen Zwischenhändlers an den tschechischen Enderwerber zwar den Hinweis „steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“, erwähnten jedoch nicht den Übergang der Steuerschuld. Dieser zunächst fehlende Hinweis wurde später in berichtigten Rechnungen ergänzt, die dem Abnehmer allerdings nicht nachweislich zugingen. Der EuGH entschied extrem formalistisch, dass der Hinweis „steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“ in der Rechnung des Zwischenhändlers an seinen Abnehmer ohne den zusätzlichen Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ das Eintreten der Vereinfachungsregelung ausschließt. Denn (auch) dieser Rechnungshinweis stelle eine materielle Voraussetzung des Dreiecksgeschäfts dar.

Dieser kleine Lapsus führte in Österreich zur Anwendung der Straferwerbsteuer und somit einer definitiven Belastung zu Lasten des Zwischenhändlers, weil er mit seiner österreichischen UID aufgetreten war.

Zu allem Überfluss lehnte der EuGH eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ab. Denn das nachträgliche, erstmalige Erfüllen einer materiellen Voraussetzung stelle keine Korrektur dar.


Rettungsanker für den Steuerpflichtigen?

Das Unionsrecht kennt keine (Ausschluss-)Frist, innerhalb derer die Voraussetzungen des Dreiecksgeschäfts erfüllt werden müssen. Folglich könnte einer Berichtigung bzw. der erstmaligen Ausstellung einer richtigen Rechnung Wirkung für die Zukunft beigemessen werden, so dass zumindest die „Straferwerbsteuer“ (wieder) entfallen sollte. Dies sollte bereits zu dem Zeitpunkt gelten, zu welchem der Zwischenhändler nachweisen kann, dass der Erwerb von seinem Vertragspartner deklariert wurde. Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang, welche verfahrensrechtlichen Folgen in Bezug auf die Steuerpflicht im Mitgliedstaat des Letzterwerbers eintreten. 

Praxishinweise

Der EuGH stellt unmissverständlich klar, dass Rechnungsangaben in Bezug auf die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung bei Dreiecksgeschäften nicht lediglich formale Bedeutung zukommt. Der Gerichtshof sieht hierin vielmehr eine materielle Voraussetzung des Dreiecksgeschäfts. Aus diesem Grunde sollten mittlere Unternehmer eines Dreiecksgeschäfts, die von der begünstigenden Regelung profitieren möchten, sorgsam auf die Erfüllung der Vorgaben achten – nicht zuletzt bei der Ausstellung der Rechnung an den Endabnehmer.


Nicht beantwortet wurde vom EuGH die Frage, ob die Rechnungsvorgaben des Mitgliedstaats des Zwischenhändlers oder des Enderwerbers anzuwenden sind. Sicherheitshalber sollte ein deutscher Zwischenhändler jedenfalls stets sowohl den Hinweis auf ein Dreiecksgeschäft als auch den Hinweis auf den Steuerschuldübergang auf seinen Rechnungen erwähnen, auch wenn ggf. die nationalen Rechnungsvorgaben einzelner EU-Staaten dies nicht ausdrücklich vorsehen. 

Christoph Müller

Steuerberater

E-Mail:
christoph.mueller@falk-co.de


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