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Achtung an alle ertragsteuerlichen Organschaften: Papier ist zwar geduldig, das Gesetz ist es jedoch nicht!

Geschlossene Ergebnisabführungsverträge müssen auch tatsächlich durchgeführt werden – andernfalls droht die steuerliche Aberkennung mit ggf. fatalen Folgen für die Vergangenheit.

Für die steuerliche Anerkennung einer Organschaft ist sicherzustellen, dass der vereinbarte Ergebnisabführungsvertrag am Jahresende auch tatsächlich durchgeführt, d. h. „gelebt“ wird. Hierzu hat der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 02.11.2022 - I R 37/19 klar gemacht, wie eng diese Voraussetzung zu verstehen ist.


Urteilssachverhalt

In den Streitjahren 2009 bis 2012 hat eine Organgesellschaft (OG) Gewinne erwirtschaftet, die dem Organträger (OT) entsprechend zugerechnet worden sind. Im Jahr 2013 hingegen hat die OG einen handelsrechtlichen Verlust erlitten, den sie zum 31.12.2013 in ihrer Bilanz auch ausgewiesen hat. Es wurde keine Forderung der OG gegen den OT aus dem Verlustübernahmeanspruch bilanziert. Im Erstellungsbericht des Jahresabschlusses 2013 wurde vom Steuerberater unter dem Kapitel „Rechtliche Verhältnisse“ lediglich der Hinweis aufgenommen, dass der Verlust nach dem Ergebnisabführungsvertrag (EAV) vom OT zu erstatten sei. Eine Eintragung in der einschlägigen Zeile der Steuererklärung erfolgte nicht. Der Verlust wurde von dem OT schlussendlich mit Zahlung im Jahr 2015 tatsächlich übernommen.


Der unbarmherzige BFH

Die Nichtbilanzierung der Verlustübernahmeverpflichtung im Jahresabschluss 2013 der OG zum 31.12.2013 war für das Finanzamt, das Finanzgericht und schlussendlich auch den BFH Grund genug, um die Wirksamkeit der körperschaftsteuerlichen Organschaft – auch mit Wirkung für die Gewinne 2009 bis 2012 – zu versagen.


Für die steuerliche Anerkennung während der 5-jährigen Mindestvertragslaufzeit von 2009 bis 2013 hätte eine Forderung in der Bilanz der OG zum 31.12.2013 durch Erfassung eines korrespondierenden Ertrags aufgrund des bestehenden EAVs zwingend bilanziert werden müssen. Nur dann sei objektiv erkennbar, dass die zivilrechtlichen Vertragspflichten aus dem EAV auch tatsächlich erfüllt würden. Die Durchführung eines EAVs erfolgt nämlich in zwei Stufen: (1) Bilanzieller Ausweis der Forderung/Verbindlichkeit und (2) Begleichung derselbigen.


Dem Steuerpflichtigen konnten im Urteilssachverhalt auch keine anderweitigen Argumente helfen. Eine Heilung aufgrund fehlerhafter Bilanzansätze schloss der BFH aus, da sich diese Möglichkeit nur auf das Ergebnis als solches bezieht. Ebenso wenig handelt es sich bei der Nichtbilanzierung um eine geringfügige Unregelmäßigkeit. In der Folge mussten mangels Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft alle Ergebnisse im Zeitraum 2009 bis 2013 von der OG versteuert werden – eine Verrechnung mit möglichen Verlusten des OT (in 2009 – 2012) bzw. mit möglichen Gewinnen des OT in 2013 war nicht zulässig. Steuersystematisch handelt es sich bei den Gewinnabführungen in 2009 – 2012 um verdeckte Gewinnausschüttungen, die theoretisch sogar nachträglich Kapitalertragsteuer auslösen können.

Praxishinweis

Organgesellschaften müssen bei der Erstellung des Jahresabschlusses sorgsam darauf achten, dass alle bilanziellen Konsequenzen aus der Ergebnisabführungsverpflichtung abgebildet sind. Die Organgesellschaft weist regelmäßig einen Jahresüberschuss von EUR 0,00 aus.

Robert J. Wiemeyer

Steuerberater

E-Mail:
robert.wiemeyer@falk-co.de


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