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Bitcoin ist zumindest in steuerlicher Hinsicht werthaltig!

Wirtschaftsguteigenschaft von Bitcoin & Co. durch aktuelles BFH-Urteil geklärt

Bei den Kryptoassets gab es lange Zeit keine Klarheit zur Steuerbarkeit von Veräußerungen. In der Literatur wurde teilweise darauf verwiesen, dass es aufgrund technischer und rechtlicher Besonderheiten an der Wirtschaftsguteigenschaft fehle. Daran müsse die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen (§ 23 EStG) bereits dem Grunde nach scheitern. Wenig überraschend hat das BMF in seinem Schreiben vom 10.05.2022 eine dezidiert andere Auffassung eingenommen, im Einklang mit fast allen Finanzgerichten. Jetzt hat auch der BFH in seinem Urteil vom 14.02.2023 - IX R 3/22 klar Stellung bezogen und die Auffassung des BMF bestätigt.


Wirtschaftsguteigenschaft der Kryptoassets

Laut BFH zeichnen sich Wirtschaftsgüter dadurch aus, dass es sich um Sachen, Rechte oder Vorteile für den Betrieb handelt, die sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt, einer besonderen Bewertung zugänglich sind und mindestens mit dem Betrieb übertragen werden können. Der BFH hat nun diese weite Auffassung von Wirtschaftsgütern für die Kryptoassets Bitcoin, Ethereum und Monero und letztlich auch für damit vergleichbare Kryptoassets, die zumindest über eine Handelsplattform grundsätzlich handelbar sind, bestätigt. Insbesondere hat der BFH technische Besonderheiten der Blockchain und ggf. eingeschränkte zivilrechtliche Positionen bei diesen Kryptoassets als nicht geeignet angesehen, um die Wirtschaftsguteigenschaft anzuzweifeln.


Laut BFH handelt es sich um digitale Vermögenswerte, die (auch) als Zahlungsmittel auf Handelsplattformen übertragbar und handelbar sind. Dort bilden sich entsprechende Kurse, sodass die selbständige Bewertbarkeit über das zu zahlende Entgelt für die Übertragung gegeben ist. Über die Handelbarkeit auf den Plattformen materialisiert sich dann auch die wirtschaftliche Übertragbarkeit der Kryptoassets. Infolge der Übertragung sind die Kryptoassets dem neuen Eigentümer auch steuerlich zuzurechnen, da er mittels des Zugangsschlüssels (Private Key) tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Kryptoassets hat.


Kein strukturelles Vollzugsdefizit

Die Kläger hatten zusätzlich geltend gemacht, dass bei Kryptoassets insbesondere wegen des anonymen Handels ein Vollzugsdefizit herrsche. Auch diesen Einwand hat der BFH sowohl für das betroffene Jahr 2017 als auch für spätere Jahre deutlich beiseite gewischt. Er verweist in diesem Zusammenhang auf eine konsistente Rechtslage sowie auf bereits bestehende Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung, wie Sammelauskunftsersuchen bei Kryptohandelsplattformen, die im Übrigen tatsächlich bereits genutzt werden. Für die Zukunft verweist der BFH auf den geplanten internationalen Datenaustausch im Rahmen des „Crypto-Asset Reporting Framework (CARF)“, das nach derzeitigen Planungen Januar 2026 eingeführt werden soll.


Das bedeutet für den Anleger …

Da Kryptoassets nach Ansicht des BFH also Wirtschaftsgüter darstellen, sind Veräußerungen von Kryptoassets im Privatvermögen innerhalb eines Jahres nach Anschaffung des betreffenden Wirtschaftsguts als Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG steuerbar, die bei Überschreiten der Freigrenze von 600 € in vollem Umfang steuerpflichtig sind. Dies gilt ebenfalls beim Tausch eines Kryptoassets in ein anderes Kryptoasset. Nach Auffassung des BMF verlängert sich die Veräußerungsfrist nicht auf 10 Jahre, wenn das betreffende Kryptoasset in mindestens einem Kalenderjahr als Einkunftsquelle insb. mittels Staking oder Lending genutzt worden ist. Letzteres war im aktuellen Rechtsstreit nicht vom BFH zu entscheiden.


Zu bedenken ist dann aber, dass nur innerhalb der Jahresfrist realisierte Verluste grundsätzlich abzugsfähig sind, unter den bekannten Beschränkungen des § 23 EStG. Dies bedeutet, dass die Verluste nur mit Veräußerungsgewinnen i. S. d. § 23 EStG verrechnet werden dürfen, also insbesondere nicht mit Einnahmen aus Staking/Lending (Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG). Bei Fehlen solcher (Veräußerungs-)Gewinne im aktuellen Jahr ist ein Rücktrag ins Vorjahr bzw. ein zeitlich unbegrenzter Vortrag in Folgejahre mit Verrechnung innerhalb § 23 EStG möglich. Es sei auch darauf hingewiesen, dass abziehbare Verluste realisiert sein müssen. Gerade bei weniger bekannten und weniger liquiden Kryptoassets könnte sich dann die Frage nach der Realisierungsmöglichkeit stellen.

Mit der gerichtlichen Klärung der Wirtschaftsguteigenschaft der zuvor explizit genannten bzw. damit vergleichbarer Kryptoassets entsteht ggf. Handlungsbedarf für die Vergangenheit. Noch nicht erklärte Veräußerungsgewinne sollten spätestens jetzt über eine Selbstanzeige bereinigt werden. Dabei ist auch die inzwischen verlängerte straf-rechtliche Verjährungsfrist von 15 Jahren bei besonders schweren Fällen der Hinterziehung zu bedenken.


Ungeklärte Fragen und Umsatzsteuer

Natürlich konnte das BFH-Urteil nicht alle Zweifelsfragen klären, so z. B. die Frage nach der Steuerbarkeit einer ‚Hard Fork‘ (d. h. einem sog. Chain Split) oder nach der Anwendbarkeit der verlängerten Veräußerungsfrist von 10 Jahren. Ebenso grenzt sich der BFH von den Umsatzsteuersenaten des BFH in seinem Urteil ab. Im Bereich der Umsatzsteuer sind derzeit insbesondere die Ausführungen des BMF im Anwendungserlass zu beachten, die auf dem grundlegenden Urteil des EuGH beruhen. Allerdings stehen hier sicherlich noch klärende Urteile des BFH zu Einzelfragen aus.

Ausblick

Das BFH-Urteil kann im Ergebnis kaum überraschen und ist als Klarstellung zu begrüßen. Auch bei einer Verfassungsbeschwerde der Kläger erwarten wir in der Sache kein anderes Urteil. In jedem Fall müssen Steuerpflichtige jetzt tätig werden, falls sie realisierte Veräußerungsgewinne bisher nicht erklärt haben. Selbstanzeigen in diesem Bereich erfordern auch aufgrund steuerstrafrechtlicher Verschärfungen eine gute steuerliche Beratung.

Dr. Gregor Führich

Steuerberater

E-Mail:
gregor.fuehrich@falk-co.de


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