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Umsatzsteuer: Unternehmereigenschaft von Personenzusammenschlüssen ist unabhängig von zivilrechtlicher Rechtsfähigkeit

Der Gesetzgeber möchte mit einer Klarstellung des umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriffs nicht zuletzt bei Bruchteilsgemeinschaften für Rechtssicherheit sorgen.

Der Gesetzgeber versucht mit einer im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 vorgenommenen Klarstellung wieder Rechtssicherheit und Rechtsklarheit herzustellen: Hiernach ist die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft unabhängig von einer möglichen zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit zu bestimmen. Hintergrund war das Urteil des BFH vom 22.11.2018 V R 65/17, das entgegen der ständigen Rechtsprechung und der geltenden Verwaltungsauffassung erging und die Unternehmereigenschaft von Bruchteilsgemeinschaften mangels Rechtsfähigkeit verneinte. Verwunderlich war hierbei, dass der V. Senat, obwohl er von der Auffassung des XI. Senats abgewichen war, keine Divergenzanfrage gestellt oder direkt den Großen Senat angerufen hatte, obwohl dies zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich gewesen wäre.

Klarstellung mit verbleibenden Unsicherheiten

Ein häufiger Anwendungsfall dürfte in der Praxis die Vermietung von Grundstücken durch mehrere Grundstückseigentümer oder, allgemeiner gesprochen, die gemeinsame Vermietung von Gegenständen sein, die im Eigentum mehrerer Teilhaber stehen. Grundsätzlich drängt sich hier die Frage auf, wer gegenüber dem Leistungsempfänger im Außenverhältnis auftritt – die einzelnen Gemeinschafter/Teilhaber oder die Personengruppe in ihrer Gesamtheit (so auch der EuGH in der Rs. XT, C-312/19). Dies dürfte regelmäßig die Gemeinschaft sein und nicht die einzelnen Gemeinschafter/Teilhaber. Aufgrund des (gemeinsamen) Auftritts nach außen sowie der gemeinsamen Zweckverfolgung liegt daher bereits häufig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, weshalb sich die Frage der Rechtsfähigkeit nicht mehr stellt. Zudem benötigt der Leistungsempfänger, wie im Schrifttum zu Recht kritisiert, die ganze Sache zum Gebrauch und nicht lediglich Bruchteile, weshalb er gerade auf das einheitliche und gemeinsame Auftreten der Teilhaber angewiesen ist, da er mit Bruchteilen nichts anfangen kann. Für den gemeinsamen Außenauftritt ist es auch nicht erforderlich, dass Gesamthandsvermögen vorliegt. Allerdings eröffnet dies die Vorfrage, ob es eine entgeltliche Überlassung der Bruchteile durch die Teilhaber an die (häufig) im Außenauftritt gegenüber dem Leistungsempfänger handelnde GbR geben muss. Bejaht man dies, wird es zunehmend kompliziert und vor allem administrativ aufwändig. Zum einen gibt es die Teilhaber als (potentielle) Unternehmer, die Bruchteile an die GbR überlassen, und zum anderen die GbR, die die gesamte Sache an den (dritten) Leistungsempfänger, also bspw. Mieter, überlässt. Fraglich bleibt, ob die Problematik Gemeinschafter/Teilhaber einerseits und Gemeinschaft bzw. Gesellschaft andererseits durch die Klarstellung des Gesetzes gelöst wurde. Denn auch wenn man nicht den Weg einer die Gemeinschaft durch den Außenauftritt überlagernden GbR geht und stattdessen (für umsatzsteuerliche Zwecke) annimmt, die Gemeinschaft selbst sei Unternehmer, wird es häufig so sein, dass vorsteuerbelastete Aufwendungen durch die Gemeinschafter/Teilhaber getätigt wurden und es bei derartigen Leistungsbezügen gerade an einem gemeinsamen Außenauftritt im Zuge der Bestellung fehlt.


Wem steht nun der Vorsteuerabzug zu? Unternehmer ist die im Außenverhältnis auftretende Gemeinschaft oder GbR (bspw. als Vermieterin einer Immobilie), Leistungsempfänger der in die unternehmerische Verwendung eingehenden Vorleistungen sind allerdings die Gemeinschafter/Teilhaber (also bspw. die Miteigentümer der Immobilie). Vernünftig wäre es in jedem Fall, einen Vorsteuerabzug bei den Teilhabern oder (hilfsweise) der Gemeinschaft zuzulassen. Einer zusätzlichen unternehmerischen Überlassung von den Teilhabern an die Gemeinschaft sollte es hierfür nicht bedürfen. Zu einer derartigen Betrachtung konnte sich der EuGH allerdings nur in bestimmten Ausnahmefällen durchringen (Rs. C-137/02 – Faxworld; Rs. C-280/10 – Polski Trawertyn) und blieb in vergleichbaren Fällen (Rs. C-204/13 – Malburg) bedauerlicherweise sehr formalistisch und nahm dabei billigend eine Verletzung des Neutralitätsprinzips in Kauf.

Praxishinweis

Die Gesetzesänderung ist zu begrüßen, da sie jedenfalls im Verhältnis zwischen Gemeinschaft und Leistungsempfänger für Klarheit sorgt. Maßgebend muss allerdings der gemeinsame Außenauftritt bleiben. Beim Vorsteuerabzug verbleiben jedoch Unsicherheiten. Daher empfehlen wir, im Vorfeld stets abzuwägen, wer Eingangsleistungen bezieht, und frühzeitig Ihren steuerlichen Berater einzubinden. 

Christian Merkel

Steuerberater

E-Mail:
christian.merkel@falk-co.de


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